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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Kopiert - Kurvenfahrten



ConnyLongis
01.09.2008, 22:46
- Aus dem Ninjaforum kopiert -

Der Bericht ist nicht auf meinen Mist gewachsen und es bleibt für mich zu hoffen, dass ich ich keine Urheberrechte verletze.
Viel Spass beim lesen.

Mal grundsätzlich Impulslenken Lenken bei Schritttempo Kurvenfahrt Sitzposition Blickführung Objektfixierung Schräglage Kurvengeschwindigkeit Zusammenfassung Fehler Fazit Die Reifen
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Mal grundsätzlich:

Viele Fahrer/Innen, die auf problematische Angewohnheiten in ihrem Fahrstil angesprochen werden, versuchen diese Tipps zu beherzigen und Änderungen in das eigene Verhalten einfließen zu lassen. Manche erkennen danach die Verbesserungen.
Die allermeisten allerdings, fühlen sich in der Folge noch unsicherer als vorher und verwerfen die gut gemeinten Hinweise schnell wieder; einfach weil diese sich "schlecht" anfühlen.

Warum fühlt sich die neue Art, etwas zu handhaben "schlecht" an?

Ganz einfach, alle Dinge, die wir regelmäßig tun, werden von uns nach einer Menge von Wiederholungen automatisiert. Wir tun sie, ohne darüber nachdenken zu müssen. Je häufiger wir diese Dinge wiederholen, desto weniger müssen wir uns dabei auf die Ausführung konzentrieren und desto leichter fallen uns diese Dinge.

Wer anfängt, seinen Kurvenstil zu verbessern, muss sich zunächst bewusst werden, was, wann und wie gemacht wird.

Eine in all ihren Faktoren bewusste Kurvenfahrt wird sich immer »schlecht« und unsicher anfühlen. Das bedeutet aber nicht, dass dabei einfließende Neuerungen tatsächlich unsicherer sind als der bisherige, unbewusste Weg, die Kurve zu nehmen.
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Impulslenken
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Eigentlich gehört so was ja in jede Führerscheinausbildung. Dennoch zeigen mindestens die Hälfte aller Teilnehmer von Sicherheitstrainings erstaunte Gesichter, wenn ich in der Abteilung Lenken auf das Einlenken durch Gegenlenken zu sprechen komme.

Gleich mal vorweg: wer immer noch glaubt, er lenke sein Motorrad durch Gewichtsverlagerung - liegt falsch!

Dazu mal eine einfache Übung:
mal kurz die Maus loslassen und beide Hände in Fahr-Position an die Tischkante vor sich legen - die Finger auf der Tischplatte, den Daumen darunter.
Lass die Hand ganz locker (damit erhöht sich die Sensitivität) und geh mal mit dem Oberkörper in Schräglage. An welcher Hand ist jetzt der größere Druck zu spüren?

Richtig, an der Hand, auf deren Seite man sich in die Kurve gelegt hat. Wenn der Tisch jetzt kein Tisch sondern der Lenker deines Motorrades wäre - wohin hättest du den jetzt gedrückt?
Genau, in die entgegen gesetzte Richtung deiner Schräglage.

Der Lenker ist also tatsächlich ein Lenker und kein Festhalter.

Wenn man ihn als Festhalter missbraucht, verliert er weitestgehend seine Eigenschaft als Lenker. Das ist übrigens ein Grund, warum ein ängstlicher Fahrer so schlecht in eine Kurve kommt. Festkrallen an den Lenkergriffen verhindert den gefühlvollen Druckaufbau. Ein Teil der aufgebrachten Lenkkräfte werden von der anderen Hand gleich wieder eliminiert.

In der Praxis sieht das dann so aus:

Den richtigen Einsatz des Gegenlenkens kann man am einfachsten auf einem langen, ungestörten Platz üben. Eine Hand vom Lenker weg (am besten hinter den Rücken) die andere schiebt "ihr" Lenkerende nach vorne, vom Körper weg. Dies nennt man "Lenkimpuls".
Dazu einen möglichst großen Gang wählen.

Noch ein kleiner Trick zum Eingewöhnen:
wenn man z.B. mit der rechten Hand, den Lenker rechts nach vorn drückt, gleichzeitig den Zeigefinger ausstrecken.
Das macht zu Anfang aus zwei Gründen Sinn. Erstens greift man automatisch nicht mehr so fest zu; zweitens zeigt der Finger in die Richtung, in die man fährt.

Wichtig! Das Ganze funktioniert erst ab ca. 25km/h (dem so genannten "eigenstabilen" Bereich) aufwärts, darunter lenkt sich auch ein Motorrad wie ein langsames Fahrrad.

Lenken muss man aus unterschiedlichen Gründen. Zum Ausweichen, Wenden, Kurven fahren, beim Fahrstreifenwechsel u.v.m.
Wie gesagt, über 25km/h ist das gerade beschriebene "Impulslenken" angesagt. Bei geringerer Geschwindigkeit - also z.B. beim Wenden geht das anders:

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Lenken bei Schritttempo
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Ersten Gang. - leicht Gas geben (und halten) - Fuß auf die Hinterradbremse - und dann mit der Kupplung und der Bremse das Tempo bestimmen.
Das Motorrad wird dabei "gedrückt"; d.h. auf der Kurveninnenseite wird der Lenker nach unten (zur Fahrbahn) gedrückt.
Da man wohl kaum direkt von oben sondern eher diagonal drückt, ähnelt dieser Vorgang dem Impulslenken ist aber doch ganz anders; da:

1. beim Impulslenken der Druck möglichst waagerecht nach vorn geht,
2. ist hier die Körperhaltung eine andere. Der Körper wird nach Außen gelegt und bildet damit den Ausgleich zur Gewichtsverlagerung (nach Innen) der Maschine.

Ganz wichtig ist hierbei die Blickführung (s.u.) hier gehts gleich dahin

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ConnyLongis
01.09.2008, 22:48
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Kurvenfahrt
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Grundsätzliches:

Um eine 180° Kurve und einem Radius von 80m mit der von uns gewünschten Geschwindigkeit von etwa 80km/h umfahren zu können, benötigen wir eine Dauerschräglage von etwas mehr als 30°, das heißt, wenn wir gleich am Kurveneingang auf 30° abwinkeln.

Lassen wir uns damit aber Zeit, müssen wir für jeden Meter den wir mit geringerer Schräglage als 30° gefahren sind auch einen mit mehr als 30° Schräglage fahren.

Wenn aber 30° unsere persönliche Schräglagengrenze sind? Dann müssen wir eben die Kurve deutlich langsamer anfahren - unsere durchschnittliche Kurvenschräglage muss ja deutlich geringer sein.

Ergo: ein erster Weg zu flotteren Kurven ist schnelleres Einlenken. - nicht frühes sondern schnelles Einlenken!!!! - Je schneller desto besser!
Also ran an den Einlenkpunkt (s.u.), Blick auf den nächsten Orientierungspunkt (s.u.) und kräftig auf der Kurveninnenseite den Lenker nach vorn gedrückt.

Wer das zum ersten Mal ausprobiert wird wieder mal feststellen: all die einigermaßen in Fleisch und Blut übergegangenen Kurven stimmen nicht mehr. Die angewählte Kurvenlinie ist viel zu eng, man muss korrigieren.

Klar, man geht ja auch in die Schräglage, die man früher mal für diese Kurve benötigt hat. Und mit schnellem Einlenken benötigt man eben erheblich weniger Schräglage.
Das bedeutet: entweder schneller fahren oder -
weniger Lenkimpuls geben, weniger Schräglage fahren, also sicherer und (für Ungeübte ganz wichtig) lockerer, entspannter um die Ecke kommen.

Schräglage sparen ist eh ein besonders empfehlenswertes Ziel!

Stichwort "lockerer" - ein ganz entscheidender Punkt für gescheite Kurvenfahrt ist eine lockere Muskulatur - und erste Voraussetzung dafür ist eine gute Sitzposition.

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Sitzposition
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vor und während der Kurvenfahrt.

Fragen wir uns zunächst mal, was die wichtigen Dinge sind, die durch unsere Sitzposition (mit)bestimmt werden.
Muskelanspannung
Schwerpunkt
Radlastverteilung
Übersicht
Und was brauchen wir dabei?
Möglichst entspannte Muskulatur

Jede Form "über den Tank gespannten" Sitzens erfordert Muskeleinsatz. Ebenso jedes Bedienteil, das entfernt der natürlichen Körperteilstellung angeordnet ist.
Warum ist das schädlich? Zum einen kostet es natürlich Konzentration, wenn ich zum Bedienen eines Bauteils meine Körperhaltung unnatürlich verändern muss.
Zum anderen ist unser Körper genau wie unsere Sinne nicht in der Lage linear zu arbeiten*.

*(Zwei Beispiele: Unser Hörsinn arbeitet (und das wissen wahrscheinlich alle) logarithmisch, damit wir ein Geräusch als lauter empfinden, muss es wenigstens 10% lauter als das Ausgangsgeräusch sein. Genau so funktioniert das auch mit dem Fühlen. Wenn wir 2 Körper haben und wir wollen feststellen, ob einer schwerer als der andere ist, müssen diese Körper einen Gewichtsunterschied von wenigstens 10% haben. Wir können also durchaus feststellen, dass eine 12g schwere Münze schwerer ist als eine 10g schwere, aber nicht, ob ein Kilo Reis nun 1000 oder 1012g wiegt. Erst ab etwa 1100g merken wir einen spürbaren unterschied.)

Beim Lenken kommt es nun durchaus auf teilweise sehr feinfühlige Drücke an. Und, wenn man mal darauf achtet stellt man fest, dass der Lenker im normalen Fahrbetrieb, nur wenige cm bewegt wird.

Wenn unsere Muskulatur aber schon einen Teil der eigenen Körpermasse am Lenker abstützen muss, lassen sich nur noch sehr grobe Richtungsbefehle erteilen.

ConnyLongis
01.09.2008, 22:50
Natürliche Körperhaltung zeigt nun in keiner Stellung stark ausgestreckte Arme. Wer also mit kerzengeraden Armen am Lenker sitzt, benötigt dafür schon Kraft.
Das gleiche gilt für Lenker, die es erfordern, die Arme hochzuheben.

Für mich hat sich als optimal herausgestellt, wenn die Unterarme etwa parallel zur Fahrbahn ausgerichtet sind.
In dieser Stellung sollte nun auch Kupplungs- und Bremshebel erreichbar sein, ohne das Handgelenk nach oben oder unten erst noch abwinkeln zu müssen. Dabei stabilisiert man die Oberkörpermasse über Bauchmuskulatur und Beine (weswegen die ja auch nach alter Schule an den Tank gehören, der so genannte "Tankschluss").

Während der Kurvenfahrt kann aber durchaus von diesem Tankschluss abgesehen werden. Da sich unsere Masse immer nach unten hin abstützt, kann das kurveninnere Bein durchaus in die Kurve hinein hängen, die Stützkraft übernimmt das kurvenäußere Bein.
Auf jeden Fall aber sollten beide Arme in der Kurve loggger (mit drei "g" ;o) am Lenker liegen. Der kurvenäußere Arm kann zusätzlich bei Sportmaschinen außen am Tank abstützen (wenn das die Körpergeometrie zulässt)

Schwerpunkt möglichst weit vorne und unten

Je tiefer der Schwerpunkt, desto leichter lässt sich ein Motorrad fahren. Es werden geringere Kräfte benötigt, das Motorrad liegt stabiler auf der Straße.

Beim Einlenken muss das Vorderrad enorme Kräfte übertragen, das unterstützen wir über einen erhöhten Anpressdruck auf die Straße. Außerdem wird beim späteren (starken) Beschleunigen durch die dynamische Radlastverlagerung genug Gewicht für eine optimale Haftung des Hinterrades nach hinten verschoben.

Wie erreiche ich das nun?

Vor dem Einlenken sollte die kurveninnere Körperseite leicht nach vorne verschoben werden (Knie, Schulter), der Oberkörper sollte hinter den kurveninneren Lenker parallel verschoben werden (also nicht nach innen beugen sondern) wie beim Sambatanz in der Hüfte locker lassen und nur die Schultern nach innen bewegen.

Noch mehr Masse bekommt man in die Kurve, wenn man das innere Knie abwinkelt.

Auf der Rennstrecke kann man noch zusätzlich so weit in die Kurve mit dem Hintern hinein rutschen, dass nur noch eine Pobacke auf dem Sitz verbleibt, dieser "Hang-Off" taugt allerdings für Straßenfahrten nur sehr, sehr eingeschränkt und ist dort meiner Meinung nach auch absolut unnötig. Er bringt keinerlei Geschwindigkeitsvorteil und lässt kaum Korrekturen der Fahrlinie bzw. kein evtl. nötiges Ausweichen zu.

Beim Beschleunigen möglichst ausgeglichene Radlastverteilung

habe ich ja schon beschrieben, wie in Schräglage mehr Druck durch Beschleunigen auf das Hinterrad ausgeübt wird.
Zusätzlicher Druck auf die äußere Fußraste (für die Rennfahrer unter uns) kann das Hinterrad beim Drift stabilisieren.

Möglichst weite Einsicht in den Kurvenverlauf

Um den Kopf in die Kurve hinein drehen zu können, muss der Schultergürtel natürlich sehr entspannt sein. Bei manchen Kurven reicht das aber nicht aus (Kehren)
Hier hilft eine geduckte Fahrposition eh nicht weiter, schadet meist sogar.
Darum fahren die Supermotos in den Bergen in der Regel auch den Rennern um die Ohren.

Um hier möglichst aufrecht sitzen zu können und den Kopf sogar bis hinter die Schulterebene drehen zu können hilft eigentlich nur das "Drücken" des Motorrades in die Schräglage, also der Fahrer bleibt aufrecht sitzen und winkelt nur das Motorrad zur Kurveninnenseite ab (ähnlich wie beim Langsam fahren).

Natürlich beeinflussen sich diese Punkte gegenseitig, aber man kann an ihnen positive und negative Verhaltensweisen festmachen.

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Blickführung
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Wieder mal Grundsätzliches:

Der Mensch ist ein Augentier. Solange wir unsere Augen noch benutzten können orientieren wir uns mit dem weitaus größten Teil unserer Konzentration an den Dingen, die uns unsere Augen zutragen. Und je wichtiger uns diese Dinge sind, um so stärker wir uns darauf konzentrieren, desto stärker blenden wir alle anderen Signale aus; werden taub, geruchs- und gefühllos.

Nun ist Sehen nicht gleich Sehen. Wir verfügen über ein relativ enges (ca 10°) zentrales und über ein (relativ) weites (nicht ganz 180°) peripheres Sichtfeld. Das zentrale Sichtfeld dient der identifizierenden Beobachtung einer Situation, peripher reagiert unser Auge hauptsächlich auf Bewegungen, Dinge, die wir dort wahrnehmen erkennen wir hauptsächlich aus unserer Erfahrung - also unser Gehirn denkt sich auf die Sinneseindrücke Passendes einfach dazu.

Die genaue Identifizierung eines Objektes dauert mindestens eine Sekunde. Bei Tempo 50 legen wir in dieser Zeit fast 14 Meter zurück.
Gerade bei der Kurvenfahrt, mit ihren oft eingeschränkten Sichtweiten und der dabei gleichzeitig zu absolvierenden Regelarbeit am Motorrad, spielt die Blickführung die Hauptrolle.
Blickführung - das bedeutet: Wie lange schaue ich wann wo hin.

Eine groß angelegte Studie in den USA zeigte, dass sich das Blickverhalten von Anfängern stark von dem der erfahrenen Kraftfahrer unterscheidet.
Anfänger versuchen den Verkehrsraum sozusagen "gleichberechtigt" abzuscannen, alle Dinge sind gleich wichtig, es finden etwa 4 bis 5 Mal so viele Augenbewegungen wie beim Routinier statt; der hingegen beobachtet weniger, dafür wichtig erscheinende Dinge länger und wendet nach einer gewissen Zeit den Blick so weit von diesen Dingen ab, dass sie sogar aus dem Sehfeld verschwinden. Eine "Anti-Fixier-Strategie" sozusagen.

Wie schaut man also praktischer Weise "voraus"?
Dass beim Fahren weit voraus geschaut werden soll, ist sicher jedem zumindest bekannt. Selbst bei Schritttempo kann auf Dinge, die sich 2 bis 3 Meter vor dem Fahrzeug ereignen nicht mehr ausreichend reagiert (im Sinne von Ausweichen) werden. Selbst (die fast immer bessere Strategie) Bremsen erfordert noch knapp 1,5 Meter Reaktionsweg. Dennoch sehe ich bei Sicherheitstrainings immer wieder Fahrer, die im Stabilisierungstraining beim Umfahren von Pilonen noch auf die Hindernisse schauen, selbst wenn sie schon neben dem Fahrzeug sind.
Dass man dorthin schaut, wo man hinfahren will, dürfte schon nicht mehr ganz so bekannt sein - zumindest deuten meine Beobachtungen im Straßenverkehr und das Betrachten von Fotos, die oft mit Stolz vorgezeigt werden, darauf hin: Fahrer auf der Rennstrecke, tiefe Schräglage aber Augen geradeaus oder 5m vor dem Bike auf der Erde (am Besten sogar beides)
Dass man alle zu überfahrenden Fahrbahnteile vor dem Überfahren als sicher eingestuft haben sollte, ist wohl selbsterklärend.
Dass man nicht nutzbringend vorausschauen kann, wenn man nicht mal weiß, WO man hinschauen soll, ist ebenso klar. Meist endet der gute Rat über das weit nach vorne Sehen, in einem umherirrenden Blick des Fahrers - der zu nichts führt außer zu Unsicherheit und die dann schließlich zum Rückfall in alte Gewohnheiten.

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Objektfixierung
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Grundsätzliches:

Ich bekomme immer wieder erzählt: "Da lag dann Schmutz und dem kam ich immer näher..." Da stellt sich doch gleich die Frage: woran erkannte der Fahrer, dass er immer näher kam? Klar, er hat ihn angestarrt, der nächste große Fehler beim Kurven fahren, die Objektfixierung

"Ei ich muss doch sehen, dass ich nicht über den Kanaldeckel drüber fahre"

SCHAUDER *BRRRR*

Merke: Man kann nicht etwas nicht wollen! Unsere Psyche ist nicht dafür gemacht, negativ zu planen.

Test: Denkt jetzt doch bitte mal gerade NICHT an euer Motorrad.

Aha!?

Ich brauche in der Kurve keinen Punkt, von dem ich wegfahren will sondern einen, auf den ich zufahren kann!
Einen Punkt, auf den hin ich abwinkle und dessen Verbindungslinie zu meinem Einlenkpunkt an allen Problemen vorbei führt.

Und wenn ich den noch nicht sehe? Weil die Kurve zu lang ist?

Dann muss ich eben langsam genug sein, um auf Unvorhergesehenes noch reagieren zu können. Man sagt dann normalerweise: Bleib so lange außen, bis Du das Ende sehen kannst. Das ist die Sichere Variante.

Diese Technik kann ich natürlich auch anwenden, wenn ich mich wirklich mal vertan habe und einen zu frühen Einlenkpunkt gewählt habe. - es kommt in der Praxis kaum vor, dass jemand zu spät einlenkt -
Dann eben nicht den Kurvenscheitel weiter nach innen legen und in den Gegenverkehr blockern oder pausenlos die Schräglage nachkorrigieren, alle Konzentration auf den Rest der Fahrt verlieren - sondern die Linie wirklich ausfahren wieder bis nach außen hin und dort einen erneuten Einlenkpunkt wählen, der dann wieder nach innen auf den diesmal richtigen Scheitel zuführt.

Welche Punkte bei der Kurvenfahrt sind denn nun besonders wichtig?

Normalerweise kommt hier immer als erstes "der Scheitelpunkt". Und normalerweise frage ich dann prompt zurück:
"Und wo ist der?"
"na da, wo die Kurve wieder weiter wird"
"Aha - und woher weiß ich, dass sie da wieder weiter wird?"

ConnyLongis
01.09.2008, 22:51
Das kann ich nämlich nur wissen, wenn ich das Ende der Kurve bereits gesehen habe.
Zudem kann eine Kurve durchaus mehrere Scheitel haben und zu allem Überfluss kann ich "meinen" ganz persönlichen sogar in Grenzen dorthin legen, wo ich ihn hin haben will.
Eine Kurve lässt sich nämlich nicht nur auf einer Linie durchfahren, die Fahrlinie hängt immer mit meinem persönlichen Ziel zusammen: möglichst gemütlich, möglichst schnell, glatte Flecke umfahrend... Aber zur Fahrlinie komme ich später irgendwann mal...

Also merken: meine

Orientierungspunkte

bestimme ich selbst! Orientierungspunkte werden anvisiert, durchaus über relativ längere Zeit!

Ein oft genannter "fließender" Blick funktioniert nur bei routinierten Fahrern. Und selbst bei denen ist der Blick nicht wirklich fließend sondern es wird bei nahezu gleich bleibend weiter Vorausschau die Blickkonzentration vor und zurück verschoben. Keith Code bezeichnet das in seinem Buch "Twist of the Wrist" als "Weitwinkelblick". Unser Blick sollte immer vor und zurück laufen, aber eben nicht konfus irgendwo hin sondern auf linienwichtige Ziele gerichtet.

Der wichtigste Punkt bei einer Kurvenfahrt ist der

Einlenkpunkt,

also der Punkt, an dem ich anfange in die Kurve einzulenken. Dieser Punkt bestimmt nämlich alle weiteren, für mich vielleicht wichtigen Punkte:
Nach vorne bestimmt er den Bremspunkt,
nach hinten in Verbindung mit dem gewählten Kurvenausgangspunkt meinen
Kurvenscheitel.
Er bestimmt die Schräglage und daraus
bestimmt er, wann ich wieder beschleunigen kann, den Beschleunigungspunkt.

Daraus ergibt sich, dass, immer soweit das möglich ist, man das Ende der Kurve schon vor dem Anbremsen erkannt haben sollte.
WICHTIG: Erkannt heißt, dass man es in sein zentrales Sehfeld genommen haben muss (Dran denken: das sind nur 10° in der Blickmitte), also bitte mal mit der Nase hinzeigen!
Hier am besten noch mal der Verweiß auf die Einleitung (bevor die erneute Kritik kommt, man könne nicht fahren, wenn man so viel Theorie im Kopf hat) Natürlich wird eine solcherart bewusst gefahrene Kurve sich schlecht anfühlen - aber das doch nur so lange, wie sich daraus kein Handlungsprogramm gebildet hat. Wenn man die Handlungsfolge mal automatisiert hat, lässt sich wirklich Klasse damit fahren. Unter anderem ich fahre immer so - und komme recht gut damit zurecht.

Habe ich meinen Einlenkpunkt einmal festgelegt, fahre ich darauf zu, bremse ab dem dafür benötigten Bremspunkt auf die erforderliche Geschwindigkeit ab und schaue kurz vor dem Einlenken auf meinen nächsten Orientierungspunkt, in der Regel meinen Scheitelpunkt der Kurve.

Sollte der nicht zu sehen sein, wähle ich mir einen Ersatzpunkt auf den hin ich abwinkle und zufahre - so oft wieder, bis das Ende der Kurve und damit verbunden den tatsächlich letzten Scheitel sehe. Wie dieses Unterteilen der Kurve in mehrere Teilbereiche ausschaut, erkläre ich dann bei einigen Ausführungen über die Fahrlinie Vorher muss allerdings noch über das Einlenken oder Lenken im Allgemeinen gesprochen werden.
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Schräglage
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Wir wählen die Schräglage nach zwei wenig genauen Faktoren: Erfahrung und Gefühl.

Betrachten wir diese zwei Faktoren einfach mal mathematisch, kann an sagen:

Zu einem gewissen Zeitpunkt der Kurvenfahrt ist die Erfahrung konstant - wir haben nicht heute mal zufällig weniger Erfahrung als gestern.
Die Erfahrung beim Anfahren der Kurve ist einfach gegeben.

Erfahrung bedeutet hier nicht nur den sicheren Umgang mit dem Gefährt sondern das Einbeziehen im Kurvenverlauf auftauchender möglicher Probleme sowie der persönlichen Grenzen. Dies geschieht nun nicht bewusst sondern wird von "Handlungsprogrammen" (siehe Bernd Spiegel "Die obere Hälfte des Motorrads") übernommen, angelernten Vorgängen, Automatismen eben.

Erfahrung muss dabei nicht zwingend ein Plus für Motorradfahrer sein.
Zum Beispiel unser ganz persönliches Schräglagenlimit kann zu ernsten Problemen bis hin zu Unfällen führen, weil man einfach nicht in der Lage ist, ein paar Grad mehr Schräglage zum Entschärfen einer Gefahrensituation aufzubauen.

Wir haben einen eingebauten Schräglagenbegrenzer im Kopf. Ein Anfänger wird automagisch seine Schräglage auf etwa 20° begrenzen.
- weil er als Fußgänger die Erfahrung von Kindesbeinen an gemacht hat, dass Mensch ab etwa diesem Winkel umfällt. Und diese Grenze ist ebenso hart und unübertretbar wie der Schleifende Zylinderdeckel eines Boxermotors.

Sehr veränderlich dagegen ist das Gefühl.

Wir sind nicht jeden Tag gleich gut drauf. Wir unterliegen mitgebrachten oder kurz zuvor erworbenen Stimmungen, sind mal mehr, mal weniger konzentriert, respektive abgelenkt, haben mal gute und mal eher taube Rezeptoren für die Mitteilungen, die uns Auge und Motorrad über die Straßengriffigkeit oder den zur Verfügung stehenden Raum geben.
Mal sind wir aufgrund von Bekleidung, Beladung, Ängsten, Ehrgeiz oder vielleicht einfach nur Gesundheitszustand sensibler mal unzugänglicher für Wahrnehmungen.

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Kurvengeschwindigkeit
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Bei einer Kurvenfahrt hat jeder der beiden Reifen eines Moppeds eine eigene und unverzichtbare Aufgabe:

Das Vorderrad ist zuständig für den Aufbau der Schräglage, ist diese erstmal eingenommen trägt es einfach nur noch seinen Gewichtsanteil.
Das Hinterrad übernimmt die Seitenführung und überträgt den Hauptanteil der wirkenden Kräfte (darum ist es auch breiter als das vordere)

Die meisten haben sicher schon mal einen Rennfahrer aus einer Kurve mit steigendem Vorderrad beschleunigen sehen. Obwohl also das Vorderrad keine Kräfte mehr übertragen konnte flog das Motorrad nicht aus der Kurve.

Druck P als physikalische Größe ist der Quotient aus Kraft F und Fläche A ( P=F/A ), also je größer die Kraft oder je kleiner die Fläche ist, desto höher ist der Druck.

Da jetzt das Hinterrad deutlich breiter ist als das Vorderrad, ist sein Anpressdruck auf die Fahrbahn um eben jenen Teil kleiner als der des Vorderrades, den es mehr an Aufstandfläche hat. Optimalen Anpressdruck beider Räder habe ich dann, wenn beide Reifen etwa mit gleichem Druck auf die Fahrbahn gepresst werden. Geht nicht?

Geht nicht gibt's nicht.

Wir verwenden jetzt einfach die dynamische Achslastverlagerung (aus den Brems-Artikeln), die beim Bremsen mehr Druck aufs Vorderrad gibt und drehen sie einfach um.
Mehr Druck aufs Hinterrad bekomme ich also durch Beschleunigen.

Und wie beschleunige ich? Klar - Gas geben. Dauernd. Dauernd mehr sogar. Optimale Haftung erziele ich, wenn ich während des gesamten Kurvenverlaufs beschleunige, also das Gas sanft immer weiter aufdrehe.

Und hier wird der Erklärungsweg wieder ungemein kompliziert. Es greifen jetzt viele, viele Dinge ineinander, die das Verhalten des Fahrers bei Kurvenfahrten eigentlich erzwingen.

Wann kann ich denn überhaupt frohen Mutes durch die Kurve hindurch beschleunigen?

Kurz nachdenken! Klar - ich muss am Kurveneingang langsam genug sein, dass meine maximal mögliche Schräglage nicht eine Kurvenlinie hervorbringt, die mich von der Strecke führt; denn mit dem Beschleunigen wächst ja quadratisch meine Fliehkraft.

Was ist aber nun langsam genug? Wo kann ich das ablesen?

Erinnern wir uns: unser Anzeigeinstrument ist unser Gefühl.

Wie fühle ich mich, wenn ich bereit sein soll unentwegt schneller zu werden?

Richtig: zu langsam.

Woher kann ich 200m vor einer Kurve schon wissen, was ich beim Einlenken fühlen werde?

Gegenfrage - woher weiß ich, dass ich beim Anhalten an einer Ampel auch vor der Ampel zum Stehen komme? Aha - ich bremse darauf hin.

Und wenn das nicht mehr geht?

Dann haben wir etwas falsch gemacht. Wenn ich auf eine Kurve zufahre, muss ich vorher schon wissen, wo ich in die Kurve einfahren werde. Wenn ich das weiß, weiß ich auch, wann ich anfangen muss zu bremsen.

Ja wie nun? Kurven fahren nicht mehr nach Gefühl? Eben nicht.
Nur wenige kochen ihr Frühstücksei erfolgreich nach Gefühl. Dennoch fahren mit Sicherheit viele mit Diedeldum im Kopf auf eine Kurve zu und nehmen irgendwann das Gas weg; in der Hoffnung, der Liebe Gott und die Verdichtung des Motors sorgen schon irgendwie dafür, dass man langsam genug ist.
Und dann kommt genau das, was immer wieder passiert - man ist zu schnell (und bremst dann doch noch mal, schlechterdings in der Kurve - warum das schlecht ist, hab ich ja grad erklärt) oder zu langsam, beschleunigt dann wieder heftig und bekommt einfach keine gescheite Kurvenlinie gefahren (wenn man sich die physikalischen Zusammenhänge noch mal anschaut ist das ja wohl auch kein Wunder)

Hinterher weiß man eigentlich nur: Das war nix. Warum, kann man nicht so genau sagen, ändern kann man auch nichts - was denn auch, man weiß ja nicht, was man gemacht hat und wie schnell man denn nun wirklich war.

Es führt also kein Weg daran vorbei: um an besseres Kurven fahren heranzukommen, muss man erstmal wissen, was man da denn tut. Egal wie falsch es ist. Nur Dinge, die ich reproduzieren kann, kann ich auch im Detail ändern.

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Zusammenfassung
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Eine Kurve fährt man
gebremst an (Einlenkpunkt bestimmen und darauf zubremsen)
dabei sucht man schon den Kurvenscheitel oder einen anderen Orientierungspunkt, auf den hin man abwinkelt
Während des Bremsens setzt man sich in Kurvenposition

ConnyLongis
01.09.2008, 22:52
Kurveninnere Körperhälfte weiter nach vorn (Schulter, Knie)
gegebenenfalls den Hintern auf der Sitzfläche nach innen lupfen
Oberkörper hinter den kurveninneren Lenker
kurvenäußeres Bein am Tank
kurveninneren Fuß (beim Straßenfahren) etwas nach außen gedreht um mit der Fußspitze eventuell die Fahrbahn und damit die Schräglage ertasten zu können
kurveninneres Bein entweder am Tank oder zur/in die Kurve hinein abstellen
den Lenker LOCKER in den Händen halten

kurz vor dem Einlenkpunkt springt der Blick auf den nächsten Orientierungspunkt
dabei den Kopf so halten, dass der Horizont auch in Schräglage gerade bleibt
mit einem herzhaften Druck am kurveninneren Lenker das Motorrad schnell(!) abwinkeln auf eine Fahrlinie, die auf den nächsten Orientierungspunkt zuführt
dabei die Bremse ruhig lösen (Hineinbremsen in die Kurve ist überhaupt kein Problem, solange mit zunehmender Schräglage die Bremskraft zurückgenommen wird. Das gilt NICHT BEI REGEN)
ab Erreichen der richtigen Schräglage das Gas sanft wieder und unaufhörlich aufziehen.
Das Bild zeigt vier unterschiedlich lange Kurven, wie wir sie typischerweise mit ein paar Grad mehr oder weniger täglich auf der Straße vorfinden.
Die dargestellten Kurvenlinien gelten natürlich nur für weitestgehend freigestellte Kurven, die ich voll ausfahren kann. Folgen mehrere Kurven in einer Kombination ist die Fahrlinie ein Kompromiss zwischen den eigentlich "richtigen" Linien der Einzelkurven. Und Kompromisse sind immer schlechter als die Einzelfälle.
Wenn es um flottes Fahren geht gilt dabei immer: eine langsame Kurve wird zugunsten einer schnellen "geopfert", will heißen, gegebenenfalls noch langsamer als nötig gefahren um dafür in der schnellen Kurve optimal fahren zu können.
Ich habe dabei einfach nur den eigenen, nutzbaren Fahrstreifen eingezeichnet und auch alles nur an Rechtskurven verdeutlicht. Da ich ein lausiger Computerzeichner bin, sind manche Fahrlinien recht krakelig ausgeführt; ich bitte das zu verzeihen.

Zu sehen sind pro Kurve je eine blaue Fahrlinie, wie sie normalerweise von vielen Leuten gefahren wird und eine grüne, wie sie eigentlich aussehen sollte.
Ich habe dabei die jeweiligen Einlenkpunkte und Orientierungspunkte zum Anvisieren eingetragen.
Bitte die zweiteren nicht mit dem Kurvenscheitel zu verwechseln. Der liegt manchmal an einer anderen Stelle und ist - technisch gesehen - die Stelle tiefster Schräglage.

Bisher ging es um Schräglage und Reifenhaftung, Kurvengeschwindigkeit, Blickführung und Orientierungspunkte bei der Kurvenfahrt sowie Lenktechnik und Sitzhaltung, jetzt kombinieren wir mal alles und fahren damit virtuell ein paar Kurvenlinien ab.
Dabei schiebe ich noch ein paar Kleinigkeiten mit ein, die ich in den bisherigen Artikeln einfach vergessen habe.

Dass man eine Kurve, soweit möglich, von außen anfahren soll, zum Scheitelpunkt nach innen hineinzieht und zum weiten Radius hin nach außen wieder hinaus beschleunigt, ist eine Volksweisheit.
Man vergrößert somit den gefahrenen Kurvenradius im Vergleich zum Radius, mit dem die Kurve gebaut wurde und ermöglicht entweder eine höhere Geschwindigkeit oder eine geringere Schräglage.

Die Kurve von außen anzufahren gibt zudem weiteren Einblick in den Kurvenverlauf und erhöht damit die Sicherheit durch frühes Erkennen von Hindernissen im Streckenverlauf.

Ganz so einfach wie in der Theorie ist es allerdings in der Praxis nicht.

Zum einen stehen dem im öffentlichen Verkehrsraum immer wieder fest installierte Hindernisse im Weg: Kanaldeckel, Asphaltflickereien, Fahrbahnmarkierungen.
Alles Dinge, die den Reibwert zwischen Reifen und Fahrbahnbelag deutlich herabsetzen und zumindest beim Überfahren so viel Konzentration in Anspruch nehmen, dass die Kurvenfahrt darunter leidet

Außerdem findet man zu den Rändern der Fahrstreifen hin all das was in der Mitte schon längst weggefahren wurde: Rollsplitt, Schmutz im allgemeinen Glasscherben, Reifenteile, bliblablub..., alles Zeugs, dass wir eher ungern unter die Pneus nehmen.

Ein weiteres Problem ist eine Fahrlinie, die uns dicht an den Gegenverkehr heranführt.
Vom ausladenden Spiegel eines Reisebus bei 150km/h Unterschiedsgeschwindigkeit eine Ohrfeige zu bekommen dürfte für nachhaltige Kopfschmerzen sorgen.

Dabei ist es noch nicht einmal alleine das Problem, dass wir bei Linkskurven zu dicht an die Mittellinie heranfahren und dadurch mit dem Oberkörper in die Gegenfahrspur hineinragen.
Ich beobachte in den letzten Jahren zunehmend, dass gerade Motorradfahrer anscheinend keine Linkskurven mehr fahren können. Immer wieder kommen sie mir auf meiner Fahrspur in der Kurve entgegen, am allermeisten die Fahrer sportlicher Maschinen.

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Fehler
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Ein Fehler ist (einer der meistverbreiteten Fehler beim Kurven fahren überhaupt): zu frühes Einlenken; eine Folge von:

1. zu hoher Geschwindigkeit.

Moderne Sportmaschinen machen es auch eher unfähigen Fahrern leicht, auf der Geraden mal blitzschnell auf 150 oder 200 hoch zu beschleunigen. Und dann bewahrheitet sich die alte Rennfahrerweisheit: nicht die Geschwindigkeit ist das Problem sondern sie wieder abzubauen.
Man knallt auf eine Kurve zu, die übersehbare Strecke wird immer geringer, die Anspannung immer größer und die Angst, aus der kommenden Kurve heraus getragen zu werden. Ergo: möglichst früh rein, möglichst viel Raum zwischen das eigene Mopped und den Fahrstreifenrand bekommen.

2. zu wenig Raum zu haben.

Aber, je früher ich in eine Kurve einlenke, desto früher bin ich auch wieder draußen! (Siehe die blauen Fahrlinien in den Zeichnungen)
Frühes Einlenken verkleinert den fahrbaren Kurvenradius, führt früh an die Fahrstreifeninnenbegrenzung und ab dort automatisch wieder nach draußen.

Frühes Einlenken verkürzt den zur Verfügung stehenden Bremsweg und verlängert die Fahrt in Schräglage und damit auch die Zeit, in der man nicht wieder herzhaft am Seil ziehen kann.
Zuletzt erhöht es die nötige Schräglage (kleinerer Radius und kürzeres Anbremsen) und steigert damit das Unwohlsein, die Verspannung, verschlechtert die Reaktionsfähigkeit und führt nicht selten zu Stürzen oder Unfällen mit dem Begegnungsverkehr.

Frühes Einlenken ist bös, schlecht, bah, pfui!

Es ist die Folge des Gefühls, zu wenig Raum zu haben, und das ist die Folge des Fahrens ohne Plan, genauer: ohne definiertem Einlenkpunkt.

Übe das Fahren mit Einlenkpunkten, ein falscher Einlenkpunkt ist besser als keiner.

Auf der Straße passieren die meisten Kurven-Unfälle nicht, weil die Schräglage zu groß war sondern weil in den Gegenverkehr reingeknallt wird oder die Fahrbahn zur Kurvenaußenseite hin ausgeht - oder man das zumindest glaubt und dann freiwillig ins Grüne fährt.

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Fazit
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Kurvenfahrten sind für jeden Punkt der Strecke absolut exakt physikalisch darstellbar und haben genau definierte Parameter:
Geschwindigkeit
Kurvenradius
Schwerpunktlage
Reifenbreite
Schräglagenwinkel
Das alles wird dummerweise von einem System gesteuert, das in keinem definierten Zustand ist und - bis auf vielleicht der Reifenbreite - keinerlei Ahnung von diesen erforderlichen oder vorliegenden Werten hat: dem Mensch.

Ja, und genau so fahren dann auch viele um die Ecken: mit Hoffen und Bangen.

Die Haftung zwischen Reifen und Fahrbahn wird schon reichen ... die Geschwindigkeit wird für die Möglichkeiten des Mensch/Maschine-Systems schon niedrig genug sein ... der Kurvenverlauf wird schon ungefähr so aussehen, wie ich das erhoffe ... es werden schon keine unerwarteten Schwierigkeiten auftreten ... usw.

Dabei stecken in den wenigen von mir hier angesprochen Unwägbarkeiten noch so viele kleine Veränderliche drin, die noch wichtig sind... schauen wir mal, was es da so alles gibt:

z.B. zur Reifenhaftung
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Die Reifen
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Warum haftet ein Reifen auf der Fahrbahn?

Die Reifenhaftung (der Grip) ist eine recht komplizierte Angelegenheit. Gummi ist nämlich eigentlich kein fester Körper sondern eine Art Flüssigkeit. Dementsprechend gelten nicht nur die Reibungsgesetzte für Festkörper sondern zum überwiegenden Teil die von Flüssigkeiten.

Zum einen findet natürlich zwischen den (rauen) Oberflächen von Gummi und Fahrbahn eine Mikroverzahnung statt, also hervorstehende Stücke des einen greifen jeweils in die Poren des anderen Reibungspartners.

Dazu kommt aber eine Art zähe Verklebung (ähnlich dem Honig), bei der Gummimoleküle mit Fahrbahnmolekülen verkleben. Rollt der Reifen weiter, ziehen sich dann mikroskopische Fädchen, die natürlich irgendwann abreißen.

Wie kräftig diese Verklebung ist, hängt - wie auch beim Honig - von der Temperatur des Klebers, also unseres Gummis, ab. Ist er zu kalt, verklebt kaum etwas, ist er zu warm, ziehen sich die Fädchen ohne großen Halt auseinander und reißen sehr früh. Anscheinend gibt es also für einen Reifen eine optimale Betriebstemperatur, bei der er zu optimalem Grip in der Lage ist. Hat ein Reifen diese Temperatur, hängt die Haftfähigkeit noch von 2 weiteren Punkten ab: dem Haftpartner und dem Anpressdruck (Wenigstens hier haben dann schwerere Fahrer mal die Physik auf ihrer Seite).


Straßenreifen bauen, den korrekten Luftdruck, für den sie konstruiert wurden, vorausgesetzt, schon nach relativ kurzer Fahrstrecke ihren maximal möglichen Grip auf. Verändere ich den Luftdruck, verändere ich damit nicht nur die Kräftestabilität eines Reifens sondern auch sein Temperaturverhalten.

ConnyLongis
01.09.2008, 22:52
So, erstmal wieder genug der Technik. Aber was lehrt mich das hier Erzählte?
die Haftung eines Reifens kann nur unter günstigen Umständen vertrauenswert hoch sein. Für diese Umstände muss ich als Fahrer Sorge tragen (Luftdruck, ausreichendes Profil, Beschädigungen, Reifentyp).
durch ungünstige Beladung kann ich den Anpressdruck eines der beiden Räder deutlich mindern und somit die Haftung verschlechtern.
Der Anpressdruck und somit der Grip ist bei Steigungsfahrten deutlich höher als im Gefälle (bis zu 30% Unterschied)
Fahrbahnunebenheiten und schlechter Straßenbelag mindern den Grip wesentlich
Bei niedrigen Außentemperaturen ist die Reifenhaftung deutlich herabgesetzt.

moe-teg
02.09.2008, 07:44
Danke! einige gute Punkte drinnen...

feel
03.09.2008, 17:35
Hey, super! Das kann ich derzeit sehr gut gebrauchen, da ich seit ca. einer Woche meinen Motorradführerschein habe und gerade bei engen Kurven noch einige Probleme habe. Muss mir den Text jedoch noch mal in Ruhe durchlesen, aber er scheint wirklich nützlich zu sein. :up: