Interessante Abstimmungen und Motor-Aufbauten
Griaß z'Eich,
es kommt immer mal wieder vor das ich interessante Motor-Aufbauten entwickle oder abstimme, die nicht geheim oder schon woanders vom Kunde veröffentlicht worden sind, die Euch auch interessieren könnten. Deshalb habe ich dieses Thema "Interessante Abstimmungen und Motor-Aufbauten" erstellt.
Ich bin gespannt ob hier was spannendes zustande kommt.
Schinh Griaß
Markus
von Dr. Raindl Engineering
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Numero Uno - Das Spülungswunder:
Ein neuer Kunde beschwerte sich bei mir über die schlechte Fahrbarkeit, eine extreme Klopfanzahl und einen sehr hohen Verbrauch von knapp 13 l/100 km des von einem lokalen Tuner abgestimmten Motors. Letzterer hat einen sehr feinen Aufbau, nicht am Anschlag, aber viele OEM-Teile mit ein paar Nachmarktteilen, was ich sehr sympathisch finde:
- K24A2 Block
- 11,1:1 Wiseco-Kolben
- Manley-Pleuel
- K20Z3 Kopf
- DC 3.2 Nockenwellen, ohne Nocken-Phasenbegrenzer
- RRC ASB
- Ansaugstrecke wie EP3, nur mit offenem CAI
- 4-2-1 RCrew FK-Nachbau
- 3"-AGA o. KAT
Als wir die ersten Messungen machten sah ich in 22 min über 500 Klopfereignisse, Lambda an der Messgrenze der Denso-Breitbandsonde und eine Ansaugtemperatur von 45-60 °C. Der Motor wurde zuvor von einem professionellen Abstimmer vor Ort auf dem Prüfstand vollständig abgestimmt.
Soweit war eigentlich alles klar. Die Ansaugstrecke musste eingehaust und mit Frischluft versorgt, die Klopfthematik musste analysiert und behoben und die Karre brauchte eine neue Abstimmung. Wie so oft war der Kunde nun knapp an Budget wenn der Markus wieder alles heile machen soll, wenn alle anderen schon daran verdient hatten. Ich habe ca. 15 Stunden in Beratung unbezahlt (meine Frau macht das nicht glücklich!) vorab geleistet um das Klopfthema sauber zu analysieren. Die Ansaugtemperaturen liegen nun bei etwa +12 °C anstatt +32 °C. Es ist noch ein Weg zu gehen, aber er wollte die Volllast von mir neu abstimmen lassen, weshalb ich das gestern via Bildschirmübernahme (nur mit Chat zum Fahrer :roll:) tat.
Klopfanalyseergebnis:
- Voraus ging die bauliche Ansaugtemperatursenkung,
- die Videoanalyse von Leerlauf und Last (Kolbenschlagen, Ventilklappern, Kettenschlagen usw.) und
- die Untersuchung von etwa 2 Stunden Aufzeichnungsdaten, diese zeigte das immer bei Nockenphasenverschiebungen (= hohe Kettenspannung) es etwa 0,5-2,0 mal pro Sekunde klopfte, sowie wenn der Motor sich unter Last zwischen 2000-4000 1/min bewegte
- Austausch des Klopfsensors
- manueller Klopf-Test
- erzwungenes Klopfen über Zündung
- erzwungenes Nicht-Klopfen über Zündung
- Anfetten und Abmagern
Wie erwartet hatte die Zündung und das Lambda keinen Einfluss auf die Klopfanzahl, solange es nicht übertrieben wurde. Fazit, das Geräusch, das vom Anti-Klopfsystem als Klopfen interpretiert wird, ist mechanischen Ursprungs und ohne thermische Begründung. Das ist eine verzwickte Lage für eine sichere Abstimmung, die ich aber sauber und sicher löste (wie, bleibt meins :D).
Abstimmung der Volllast:
Voraus ging der Einbau eines 40°-Nocken-Phasenbegrenzers, wie es DC empfiehlt, der Vorgänger fuhr eiskalt an die 50° ran und riskierte damit Ventilpatscher. Die Abstimmung selbst war äußerst herausfordernd, ein drei Stundenfenster nur Zeit, ich hatte keinen hörbaren Kontakt zu Maschine und Fahrer, nur den Skype Messenger, der neben TeamViewer lief. Naja, nach etwa 30 Minuten musste ich meine Anweisungen nur noch etwa 5 mal wiederholen, bis der Fahrer mal mit telefonieren oder was auch immer ihn ablenkte aufhörte und diese umsetzte. Für mich war das ein Risiko, ich sah keinen Dynamometer Bildschirm, noch hatte ich hörbaren Kontakt zum Fahrer und Maschine. Darüber hinaus war der Fahrer nicht gerade ein kommunikativer Schreiber :lol:.
Die Volllast der ND NW (Niederdrehzahlnockenwelle) war auf 50° VTC pauschal eingestellt. Da war es einfach mehr Holz rauszuholen, weil der Liefergrad dort mit der VTC Lage einfach sehr schlecht ist und mit viel Restgas aufgemischt wird. Also Liefergrad über VTC sauber reinfahren und abstimmen. Die HD NW (Hochdrehzahlnockenwelle) lief der Motor teilweise mit über 20 % zu fett, wobei ich eh schon sehr Fett auf ein Lambda von 0,85 abstimmte. D.h. die Denso-Breitbandsonde maß so fette Bedingungen, die deutlich über ihren Messbereich hinausgingen. Wie man sowas "abstimmt" ist mir ein Rätsel. Dieser Welcher hatte noch den Vorteil der 50° VTC-Limitierung, ich musste mich ja mit 40° begnügen, das bedeutet das im niederen und mittleren Bereich der HD NW richtig Drehmoment verloren gehen wird. Also habe ich auch hier 20, 30 und 40° neu abgestimmt.
Vergleich der beiden Abstimmungen:
Anhang 7963
Die Maschine hat ein sehr gutes Spülgefälle über das ganze Drehzahlband, was sich unteranderem in dem bis Ende Gelände 30° VTC Winkel zeigt, die hat Hunger :D. Die Grafik zeigt wo der Vorgänger Vorteile hat, bzw. sich künstlich schlecht machte. Die ND NW mit 50° VTC zu fahren ist nonsens³, die Maschine liegt dort im Optimum zwischen 15-30° VTC. Durch den 50° Drehbereich konnte er 500/min führer den VTEC kommen lassen da schon mehr Dampf da war, was beim 40°-Drehbereich erst bei 4500/min optimal war. Schön zu sehen ist der Unterschied von 50° vs. 40° VTC von 4500-6500 1/min, das zeigt wie der Motor nach Luft giert und wie gut die Spülphase bei dem funktioniert. Das liegt vor allem an der Abgasanlage und dem Fächerkrümmer. Zumindest lässt er sich in den ersten 3 Gängen besser unter Volllast bewegen :D. Warum der Jung dann nach 6500/min die Maschine zu einschnürte ist mir ein Rätsel, dort wo unsere VTC-Werte gleich waren, ergab sich auch das gleiche Drehmoment (6500-7500/min), danach zog er den Hahn zu bis auf 20°, was bei vielen Motoraufbauten gut funktioniert, nur dieser hier will noch mehr. Ich gab ihm mehr VTC und sieht da der macht bis 8000/min richtig Dampf, also fast 300 PS am Schwungrad.
Fazit:
Ich kenn einige 87x99-Motoren die mit 300 PS daher kommen, aber selten haben die weniger als 12:1 im Verdichtungsverhältnis. Dieser hier für die DragCartel OG Serie 3.2 ein relativ geringes Verdichtungsverhältnis, knapp über dem eines K20's und macht richtig Dampf. Zwar keine 300 Nm/300 PS, was mit einem Frankenstein mit 12:1, TODA A3 und ein paar Nichtserien-Anbauteilen gut zu machen ist, aber 291 Nm/298 PS finde ich ein gelungenes Ergebnis für den Standard 93 octane (100-101 RON)-Sprit, den in Massachusetts so bei Sunoco zu kaufen gibt. Ich denke die Kolbenform hat einen guten Teil zur sehr guten Spülung beigetragen. Was beeindruckend war. Laut fahrer gab es zwischen der Zündung von 24-26° und 27-29° keinen Unterschied in der Leistungskurve, auch war am Det-Can-Hörapparat kein Klopfgeräusch laut diesem zu hören. Das würde für eine untypisch schnelle Verbrennung sprechen, was ich ebenfalls dem Kolben und der damit von mir verbundenen guten Spülung zuordnen möchte.
DET-Can im Detail, falls ihr das nicht kennnt:
https://youtu.be/mPau_BrALI4